Was ist bei Planung und Errichtung einer Regalanlage zu beachten?

Rechtanwalt Michael Halstenberg, Ministerialdirektor a. D.

Regale und Regalanlagen sind bauordnungsrechtlich nur schwer einzuordnen. Nachdem Regalanlagen lange Zeit von der Bauaufsicht stiefmütterlich behandelt wurden, sorgten Aussagen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) in Berlin vor einigen Jahren bei vielen Herstellern für Unruhe. Das DIBt warf nämlich die Frage auf, ob Regalanlagen nicht generell die tatbestandlichen Voraussetzungen einer baulichen Anlage erfüllten und daher prinzipiell einer Baugenehmigung bedurften. Das aber hätte die Frage nach sich gezogen, welche bautechnischen Nachweise vor allem im Hinblick auf den Brandschutz und die Standsicherheit dadurch erforderlich geworden wären. Zudem hätte sich auch die Problematik ergeben, dass wegen der vielfältigen Gestaltungen und der unterschiedlichen Systeme in vielen Fällen Zustimmungen im Einzelfall erforderlich geworden wären. Solche können aber nur durch die Obersten Baubehörden der Länder erteilt werden, mit anderen Worten durch die Bauministerien der Länder. Das aber wäre praktisch nicht umsetzbar gewesen.

Die Länder haben sich daher veranlasst gesehen, die bauaufsichtliche Behandlung von Regalanlagen sowohl unter bautechnischen als auch unter bauordnungsrechtlichen Aspekten zu erörtern. Im Ergebnis ergab sich das, was man gemeinhin als „buntes Bild“ bezeichnet. Die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Regalanlage einer Baugenehmigung bedarf, lässt sich seitdem nämlich nur noch sehr differenziert beantworten. Denn die Einordnung richtet sich nach Meinung der Fachkommissionen der Bauministerkonferenz nicht nur nach der Größe und dem Standort der Regalanlage. Es gibt zwischen den Bundesländern auch unterschiedliche Regelungen in den Bauordnungen. Zudem besteht in vielen Detailfragen nach wie vor ein Ermessenspielraum der Unteren Bauaufsichtsbehörden. Schließlich handelt es sich bei den getroffenen Aussagen um eine rechtliche Einschätzung der Exekutive. Eine verbindliche Auslegung der Bauordnungen können aber nur die Gerichte vornehmen. Enthält die jeweilige Bauordnung eines Landes daher keine klare Regelung entscheiden im Streitfall die Verwaltungsgerichte über die Auslegung der jeweiligen Bauordnung des Landes. Das birgt freilich die Gefahr, dass der Unternehmer, der eine Regalanlage liefert und errichtet, einer Fehleinschätzung in Bezug auf die bauaufsichtliche Einordnung der Regalanlage unterliegt, was unangenehme Folgen nach sich ziehen kann, vor allem wenn die Bauaufsicht zusätzliche Anforderungen an eine bereits errichtete Regalanlage stellt.

Um Fehler zu vermeiden sollte der Unternehmer daher einige essentielle Punkte beachten. Die wichtigste Regel lautet, dass die am Bau Beteiligten generell dafür einzustehen haben, dass von der baulichen Anlage oder Teilen davon keine Gefahren ausgehen. Der Unternehmer, der eine Regalanlage plant, liefert und errichtet ist am Bau beteiligt und daher insbesondere für die Standsicherheit der Anlage verantwortlich. Er muss vor allem im Schadensfall in der Lage sein nachzuweisen, dass die Statik der Anlage richtig berechnet und die Regalanlage entsprechend ausgeführt wurde. Hierzu bedarf es rechnerischer Nachweise zur Konstruktion. Zudem sollten diese Berechnungen wie auch das Regal selbst den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Diese sind oftmals in Form von DIN-Normen oder auch VDI Richtlinien (z. B. DIN 18230-1:2010-09 „Baulicher Brandschutz im Industriebau“ oder VDI Richtlinie 3564 –„Empfehlungen für den Brandschutz in Hochregalanlagen“) aber auch den Eurocodes dokumentiert. Vorteil der Beachtung dieser Regelwerke und/oder der anerkannten Regeln der Technik ist die daraus resultierende rechtliche Vermutung, dass das Bauwerk ausreichend sicher war, dem Unternehmer daher im Fall des Versagens kein Verschulden anzulasten ist.

Des Weiteren sollten die Rahmenbedingungen des Projekts vor Angebotsabgabe, erst recht aber vor Planung und Errichtung mit dem Bauherrn und den Planern sorgfältig abgeklärt werden. Dabei ist zunächst entscheidend, ob die Regalanlage im Freien errichtet werden soll. Ist dies der Fall wird die Regalanlage als (eigenständige) bauliche Anlage bewertet, wenn die geplante Oberkante des Lagerguts höher ist als 7,50 Meter. In einigen Bundesländern gilt eine Höhe von 9 Metern. Die Höhe ist nämlich für die Frage der Brandbekämpfung wesentlich. In den entsprechenden Fällen hat der Unternehmer daher im Zweifel mit der Unteren Bauaufsicht vorab abzuklären, welche Anträge und Nachweise erforderlich sind.

Soll das Regal tragender Teil eines Gebäudes werden, wird es als wesentlicher Bestandteil des Gebäudes von der Genehmigungspflicht des Gebäudes gleichsam erfasst. Der Bauantrag umfasst dann also auch die Regalanlage, die folglich im Baugenehmigungsverfahren (mit-) geprüft wird. In diesen Fällen ist rechtzeitig zu klären, welche Nachweise seitens des Unternehmers dem Bauherrn zur Verfügung zu stellen sind.

Ansonsten gilt prinzipiell, dass eine Regalanlage innerhalb eines Gebäudes nur ein Einrichtungsgegenstand ist, an den keine bauaufsichtlichen Anforderungen gestellt werden. Diese Aussage sollte aber nicht zu der Annahme führen, dass der Unternehmer nunmehr frei ist, die Anlage so zu planen und zu errichten, wie er das für richtig hält. Denn die Regalanlage kann Auswirkungen auf das genehmigungspflichtige Gebäude haben und im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Bauherr die Anforderungen aus der Baugenehmigung für das Gebäude nicht mehr erfüllen kann. Das gilt vor allem in Bezug auf den Brandschutz. So gilt nach Meinung der Länder der Grundsatz, dass wesentlich ist, ob Rettungswege über das Regal führen oder sich in oder auf dem Regal Aufenthaltsräume befinden. In einem solchen Fall wird von einer sog. „Erschließungsfunktion“ der Regalanlage gesprochen, die bauaufsichtliche Forderungen nach sich zieht, die vor allem zur Sicherung der Fluchtwege dienen. Das kann Anforderungen an die verwendeten Baustoffe oder den Einbau von Sprinkleranlagen betreffen. Daher sollte der Unternehmer seine Planung in jedem Fall mit dem Brandschutzkonzept für das Gebäude in Einklang bringen. Das gilt insbesondere auch für den Fall, dass das Regal für Lagergut genutzt werden soll, das eine hohe Brandlast aufweist. In derartigen Fällen kann die Bauaufsicht auch über die Regelanforderungen hinaus besondere Anforderungen z. B. in Bezug auf Sprinkleranlagen oder die Feuerwiderstandsdauer der Bauteile stellen. Es verbleibt also bei dem Grundsatz, dass immer auch eine Betrachtung im Einzelfall geboten ist, die zu Erleichterungen aber auch zu besonderen Anforderungen für Regalanlagen führen kann.

Neben den genannten Punkten sollten vorsorglich auch die Grundflächen der Regalanalage mit dem Fachplaner für den Brandschutz abgestimmt werden. Denn die Größe der Grundfläche und/oder die Abstände zwischen Regalanlagen (brandlastfreie Streifen) können Auswirkungen auf die Brandbekämpfungsabschnitte oder die Beurteilung der Sicherheitskategorie des Gebäudes haben. Wichtige Hinweise zum Brandschutz ergeben sich aus der Industriebaurichtlinie, auch wenn diese nicht in allen Bundesländern eingeführt worden ist. In den Ländern, in denen die Industriebaurichtlinie (durch die Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen) bauaufsichtlich eingeführt wurde wie z. B. in NRW, sind die Unteren Bauaufsichtsbehörden gehalten, die Industriebaurichtline zu beachten. Sie können von dieser nur abweichen, wenn es hierfür im Einzelfall nachvollziehbare Gründe gibt. Die Industriebaurichtlinie beantwortet aber nicht alle Fragen zufriedenstellend und enthält in Einzelfällen auch widersprüchliche Festlegungen.

Daher ist dem Unternehmer im Ergebnis anzuraten, sich immer rechtzeitig mit dem Brandschutzkonzept für das Gebäude auseinanderzusetzen, in dem die Regalanlage errichtet werden soll, und im Zweifel die Konstruktion, die Ausstattung und die Anordnung der Regalanlage mit dem Fachplaner für den Brandschutz sowie dem beauftragten Prüfingenieur abzustimmen. Ergeben sich dabei Probleme im Hinblick auf die Anforderungen des Bauherrn, die oftmals schon vertraglich vereinbart sind, sollte dieser unmittelbar einbezogen werden. Im Idealfall sieht der Vertrag für diesen Fall Regelungen vor, die dem Unternehmer die erforderlichen Anpassungen erlauben.