Eine allgemeine Inspektionspflicht besteht im Grundsatz bereits seit dem Jahr 1988 durch die Regelung der Berufsgenossenschaft – BGR 234 -, die den Lagerbetreiber verpflichtet „Mängel an Lagereinrichtungen durch die Versicherte gefährdet werden können…unverzüglich und sachgerecht (zu beheben).“ Schon in der vorherigen Version, der ZH 1/428 sowie in der heute noch gültigen Ausgabe der BGR 234 wurde nicht spezifiziert, wann ein Mangel vorhanden ist. Seit dem 01.05.2014 wird die BGR 234 als DGUV Regel 108-007 geführt.
Weiterhin sind Regale, laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Bonn, Arbeitsmittel und unterliegen somit der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Die BetrSichV gilt sowohl für die Bereitstellung von Regalen durch den Arbeitgeber als auch für die Nutzung von Regalen durch die Beschäftigten. Paragraph 14 der BetrSichV verlangt regelmäßige Kontrollen der Lagereinrichtung. Der Inspektionszyklus und Umfang sind hier gemäß §3 der BetrSichV zu ermitteln. Diese, in der BetrSichV, „schwammige“ Festlegung der Inspektionszyklen, sowie Umfang und Ablauf der Kontrollen werden in der europäischen Norm DIN EN 15635 konkret geregelt, welche mit Hilfe von Prüfinstituten, Universitäten und mit dem Sachverstand der Regalhersteller aus ganz Europa über viele Jahre erarbeitet worden ist. Bereits als Normentwurf hatte dieses Papier seit Mai 2007 eine „Gültigkeit“. Eine Norm, ebenso wie bereits ein Normentwurf besitzen eine juristische Sonderstellung; sie entsprechen nämlich dem aktuellen Stand der Technik. Dieser aktuelle Stand der Technik spielt eine entscheidende Rolle in der Rechtsprechung, denn hier wird er zur Beurteilung des Sachverhalts herangezogen. Im September des Jahres 2008 wurde dieser Normentwurf durch die Zustimmung der CEN Mitgliedsländer angenommen, seit dem 01.08.2009 besitzt die jetzige Norm verbindliche Gültigkeit und ist im Beuth Verlag erhältlich.
Viele Betreiber von Lagereinrichtungen, z. B. Logistikzentren, sind nur unzureichend über die Grundlagen, die dem technischen Betrieb ihrer Regalsysteme zugrunde liegen, informiert. Die Verantwortung für die Sicherheit von Lagereinrichtungen hat der Gesetzgeber geteilt: Der Hersteller muss zunächst die Sicherheitsvorschriften des Gesetzes über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt – Kurztitel: Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) - garantieren. Dieses Gesetz legt in Deutschland Regelungen zu den Sicherheitsanforderungen von technischen Arbeitsmitteln und Verbraucherprodukten fest. Dem Lagerbetreiber hingegen obliegt die Verantwortung für den sicheren Betrieb seiner Einrichtung. Er muss der Kontrollpflicht für die Regalsysteme gemäß der Betriebssicherheitsverordnung und der DIN EN 15635, §9.4.2.3 nachkommen. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet sämtliche Lagereinrichtungen – d. h. elektrisch angetriebene sowie statische Regale – systematisch und regelmäßig zu inspizieren. Wenn vom Regalhersteller, aufgrund der Konstruktion oder der Einsatzbedingungen, keine verschärften Inspektionen gefordert werden, sind die Regelungen der Norm DIN EN 15635 einzuhalten, wie:
Die Jahresinspektion von Lagereinrichtungen muss von einer fachkundigen Person durchgeführt werden. Fachkundig bedeutet, dass der Kontrolleur die Gesetze, Verordnungen, die Regeln der Berufsgenossenschaften, die europäischen Normen und Normentwürfe, die speziell für Regale gelten, wie z. B. die DGUV Regel 108-007 (vormals BGR 234), BetrSichV, DIN EN 15512, DIN EN 15620, DIN EN 15629, DIN EN 15635 kennt. Darüber hinaus ist ein spezielles Know-how über die konkrete Lagereinrichtung/das Regal erforderlich. Die Inspektion erfolgt bei laufendem Betrieb. Dabei führt der Regalinspekteur Sichtkontrollen – in der Regel von der Bodenebene aus - durch und inspiziert die Anlage unter anderem auf folgende, nach §9.4.1 DIN EN 15635, vorgeschriebene Aspekte:
Während die ersten Punkte relativ einfach zu kontrollieren sind, stößt man bei der Prüfung der Anlagen, in Bezug auf die letzten drei sehr wichtigen Punkte, schnell an seine Grenzen. Fast jeder Regalhersteller schreibt gemäß der Montageanleitung eine fest definierte Montageart und -weise vor, wobei sich diese gravierend voneinander unterscheiden können. Die Montage unterscheidet sich nicht nur von Hersteller zu Hersteller, sondern oftmals schon von Modellreihe zu Modellreihe bei ein und demselben Produzenten. In der Praxis findet die Montageanleitung in den Augen der Betreiber jedoch leider kaum Bedeutung, da man bei mindestens 90 % aller Betriebe, in denen eine Inspektion durchgeführt wurde, keine Anleitung mehr auffinden konnte. Die Gefahr, die von einer fehlerhaften Montage ausgeht, ist keinesfalls geringer als die Gefahr, die beispielsweise von einer Beschädigung ausgehen kann. Gerade bei produktionsnah eingesetzten Regalen findet eine häufige De- und Remontage an den verschiedensten Stellen im Unternehmen statt, so dass hier oft gravierende Fehler auftauchen.
Die Konformität der verwendeten Teile ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Bauteile verschiedener Hersteller dürfen beispielsweise nicht ohne Zustimmung der Hersteller miteinander kombiniert werden. Gleiches gilt für nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen der Lagereinrichtung durch Schweißen oder Verschrauben, die gemäß §7b), DIN EN 15635 ebenfalls unzulässig sind, es sei denn der Lieferant der Einrichtung stimmt dem ausdrücklich zu. Auch hier findet man in der Praxis oft Beispiele, in denen verschiedene Baureihen oder Teile verschiedener Hersteller miteinander kombiniert sind, für die es keine statischen Nachweise gibt. Teilweise werden hier sogar Bauteile derart manipuliert, dass sie aufgrund ihrer Symmetrie überhaupt erst miteinander kombiniert werden können. Hier handelt der Betreiber dann nicht nur grob fahrlässig, sondern oftmals schon vorsätzlich. Ebenso ist es für eine qualifizierte Inspektion zwingend erforderlich, dass der Inspekteur Zugang zu der statischen Regalberechnung hat, da andernfalls die Belastungshinweise an den Regalen nicht auf Aktualität und Konformität hin geprüft werden können.
In der Praxis findet man häufig Belastungsangaben die nicht mit der aktuellen Aufstellweise übereinstimmen. Oftmals findet man sogar Belastungsschilder an nicht dazugehörigen Regalanlagen, da beispielsweise Belastungsschild und Regalanlage von unterschiedlichen Herstellern stammen. Dieses für sämtliche Systeme aller Hersteller weltweit beurteilen zu können ist im Grunde unmöglich.
Eine Sichtprüfung aller Systeme ist prinzipiell herstellerunabhängig möglich, eine Inspektion unter Berücksichtigung aller geforderten Punkte jedoch – wenn diese seriös durchgeführt wird - praktisch unmöglich. Man denke nur mal an die vielen tausend Hersteller von Regalsystemen die es weltweit einmal gegeben hat, die wohlmöglich in Hinterhofwerkstätten Regale gefertigt haben, aber schon seit Jahren vom Markt verschwunden sind. Wer soll all diese Systeme kennen, zumal sich die Prüfpflicht nicht nur auf bestimmte Regaltypen, sondern auf:
Aus diesem Grunde wurde vom Verband für Lagertechnik und Betriebseinrichtungen e. V. in Hagen das Konzept des verbandsgeprüften Regalinspekteurs entwickelt. Der verbandsgeprüfte Regalinspekteur erfüllt alle gesetzlichen Anforderungen. Die von der TRBS 1203 geforderten Fachkenntnisse sind unter anderem:
Letztlich kann man sich auch die grundsätzliche Frage stellen, wer das System besser kennt als der Hersteller selbst, der mit allen Stärken und Schwächen des eigenen Systems bestens vertraut ist. Ebenfalls kennt er die Sicherheitswerte, die in jeder einzelnen Kombination enthalten sind. Letztlich bieten die Inspektionen durch die Hersteller sogar einen Mehrwert, den der Kunde erhält, denn in der Regel bekommt er nach der Inspektion ein unverbindliches Angebot zum Austausch der beschädigten, bzw. fehlenden Teile. Da auch hier die Verantwortung beim Betreiber liegt, ist er für alle weiteren Schritte verantwortlich. Beschädigte Bauteile sollten gemäß der DIN EN 15635 durch Originalbauteile ersetzt werden. Vor der Instandsetzung beschädigter statischer Elemente müssen die Regale entladen werden, da sowohl ein Umbau, als auch eine Reparatur unter schwebenden Lasten, nicht nur aus Sicht des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt), sondern auch unter Vorgaben der Berufsgenossenschaft unzulässig ist. Aussteifungselemente, wie beispielsweise Verbände und Fachwerk, dürfen somit ebenfalls nur im spannungs- und lastfreien Zustand gelöst und entfernt werden. Durch das rechtzeitige Erkennen von Schäden können viele folgenschwere Unfälle vermieden, sowie Instandsetzungskosten meist gering gehalten werden. Da eine eingehende Analyse der Schäden häufig die Ursachen offenlegt, können anschließend präventive Maßnahmen eingeleitet werden. Beispiele aus anderen europäischen Ländern, wie Großbritannien oder den Niederlanden, in denen derartige Inspektionen schon seit vielen Jahren durchgeführt werden, zeigen, dass die Sicherheit gesteigert ist und gleichzeitig Reparaturkosten eingespart werden können.